Microcystine (MC) sind weltweit verbreitet, da sich in eutrophen Gewässern oft MC-produzierende Cyanobakterien wie Microcystis, Planktothrix und Anabaena stark vermehren. In 80-100% der Gewässer mit Vorkommen von Microcystis, Planktohrix agardhii oder Planktohrix rubescens konnten MC nachgewiesen werden. Es sollte daher bei Vorkommen dieser Cyanobakterien davon ausgegangen werden, dass auch Microcystin vorkommen.
Die Konzentrationen von Microcystinen bei Vorkommen von Microcystis liegen außerhalb der Uferbereiche meist deutlich unter 100 µg/l. Da diese Gattung jedoch bei ruhiger Wetterlage an der Wasseroberfläche auftreibt, können sich dort und vor allem in Uferbereichen größere Mengen an Zellen und somit Microcystinen anreichern. Die Microcystinkonzentrationen können dabei um mehrere Größenordnungen über denen des Freiwassers liegen und Werte von 1000 – 40000 µg/l erreichen. Zudem kann es im Uferbereich zu großen räumlich und zeitlichen Konzentrationsunterschieden kommen, die mehrere Größenordnungen umfassen (Abb. 1), meist bedingt durch die Gewässermorphologie (Buchten) und die jeweiligen Windrichtungen.
Planktothrix rubescens zeigt andere Muster der Konzentrationsunterschiede: Während der Schichtung des Gewässers in den Sommermonaten wächst diese Art im Metalimnion (Sprungschicht) eines Gewässers und erreicht dort häufig Microcystinkonzentrationen im Bereich von < 1-10 µg/l. Während der Durchmischung des Gewässers im Herbst werden die Zellen (und damit die MC) über die ganze Wassersäule verteilt und es können sich ggf. auch Oberflächenblüten mit hohen Microcystinkonzentrationen bilden (z.B. >> 10000 µg/l).
Auch bei dichten Populationen von Planktohrix agardhii können die Microcystinkonzentrationen 100 µg/l und mehr betragen, jedoch kommt es hier nicht zu einer Anreicherung von Zellen und MC an der Gewässeroberflächen oder im Metalimnion, da diese Art in flachen, häufig durchmischten Gewässern vorkommt.
Microcystine sind in der Regel überwiegend zellgebunden und liegen nur beim Absterben der Zellen in größeren Mengen gelöst im Wasser vor. Dort werden sie jedoch meist rasch im Wasserkörper verdünnt und mit Halbwertszeiten von wenigen Tagen bakteriell abgebaut.
Microcystin zu Biovolumen Relation
Zur ersten Bewertung des Risikos erhöhter Microcystinkonzentrationen durch Cyanobakterien in Gewässern ist es hilfreich zu wissen, wie viel Toxin pro Biomasseeinheit maximal zu erwarten ist.
Für Microcystine gibt es mehrere Datensätze, die als Maß für die Cyanobakterienbiomasse entweder das Biovolumen (BV) oder die Konzentration an Chlorophyll-a (Chl-a) verwenden. Isolierte Kulturstämme zeigen meist 0.5-5 µg Microcystin pro mm³ BV. Im Freiland liegen aufgrund der Mischung von toxischen und nicht toxischen Stämmen die Werte trotz hoher Variabilität allerdings meist unter 1 µg Microcystin pro mm³ BV oder 0,3 µg Microcystin pro µg Chl-a (Abb.1), in Einzelfällen aber auch deutlich darüber (bis zum Sechsfachen).
Die Unsicherheit bei Verwendung von Chl-a als Bezugsgröße für Microcystin besteht in den umweltbedingten Schwankungen des Chl-a Gehaltes innerhalb der Zellen sowie des ggf. variablen Anteils der Cyanobakterien am Gesamtphytoplankton (das auch Chl-a enthält). Auch wenn das Biovolumen daher die präzisere Bezugsgröße ist, ist jedoch dessen Bestimmung im Vergleich zu Chlorophyll-a weniger verbreitet und die Durchführung erfordert Erfahrung, da ansonsten die Unsicherheiten ebenso groß wie bei Chl-a sind. Für eine erste Abschätzung des möglichen Toxingehaltes sind MC/Chl-a (0,3 µg pro µg) oder MC/BV (1 µg pro mm³) daher gleichermaßen geeignet.
Abb. 1: Microcystinkonzentrationen entlang des Havel-Ufers (Berlin) während einer Massenentwicklung von Microcystis sp. (MC: Säulen, MC/Chl-a Relation:schwarze Punkte)