Zur Minimierung der Cyanobakterienbelastung bei der direkten Entnahme von Rohwasser gilt es, bei der Wahl der Entnahmestelle und – tiefe die möglicherweise räumliche und zeitliche Heterogenität des Vorkommens von Cyanobakterien im Gewässer soweit wie möglich zu berücksichtigen, wobei verschiedene potentiell toxische Arten unterschiedliche Verteilungsmuster haben.
Cyanobakterien wie Microcystis, Anabaena und Aphanizomenon können bei ruhigen Wetterlagen in geschichteten Gewässern an der Oberfläche aufrahmen, ggf. durch leichten Wind an die Ufer getrieben werden und sich dort anreichern („Blüten“ bilden). Für die horizontale Verteilung dieser Arten gilt, dass sie in den größten Mengen in den Buchten und Uferbereichen auftreten, in denen die Hauptwindrichtung sie am häufigsten zusammentreibt. Dadurch kann es innerhalb eines Gewässers zu Schwankungen von Cyanobakterien (und somit zellgebundenen Cyanotoxinen) von bis zu 4 Größenordnungen kommen (siehe Vorkommen/Microcystine). Eine oberflächennahe Wasserentnahme ist daher bei Vorkommen dieser Cyanobakterien zu vermeiden, und es sollte auf jeden Fall das Vorkommen von Cyanobakterien überwacht werden. Bei aufkommenden stärkeren Winden können Cyanobakterienakkumulationen von der Oberfläche auch plötzlich über eine größere Tiefe verteilt werden und somit in die Rohwasserentnahme gelangen. Die oben genannten Arten kommen in gemäßigten Klimazonen in der Regel nur im Sommer vor, insb. im Hoch- und Spätsommer.
Planktothrix agardhii, aber auch Aphanizomenon, kommen eher in eu- bis hypertrophen, flachen und deshalb häufig durchmischten Gewässern vor. Die Durchmischung bedingt, dass diese Cyanobakterien keine Schlieren an der Gewässeroberfläche bilden, sondern stets mehr oder weniger homogen im Wasser verteilt sind. Ihnen kann durch eine tiefenvariable Entnahme nicht ausgewichen werden; deshalb sollte die Aufbereitung auf das Vorkommen von Cyanotoxinen ausgerichtet sein, wenn diese Arten in größerer Menge im Rohwasser auftreten. Dies kann – insb. bei der mancherorts perennierenden Planktothrix agardhii – über weite Teile des Jahres erforderlich sein.
Dagegen kommt Planktothrix rubescens in tiefen, thermisch geschichteten meso- bis eutrophen Gewässern vor, wobei sie sich dort in den Sommermonaten im Metalimnion (d.h. zwischen dem warmem Oberflächenwasser und dem kalten Tiefenwasser) einschichten und erst im Herbst, wenn der Wasserkörper durchmischt ist, gleichmäßig über die gesamte Tiefe verteilt werden. Dann kann es auch zu Oberflächenaufrahmungen kommen. Planktothrix rubescens kommt in manchen Gewässern ganzjährig vor, auch unter Eis. Den Populationen im Metalimnion kann ausgewichen werden, indem Wasser aus grösseren Tiefen entnommen wird, sofern dies nicht zu Qualitätsproblemen durch andere Stoffe führt (z.B. Eisen und Mangan). Ein Ausweichen nach oben kann zwar zur verstärkten Belastung mit anderem Plankton führen; dieses stellt jedoch meist das geringere Problem dar, sowohl hinsichtlich des DOC-Gehalts als auch insb. hinsichtlich des Cyanotoxinvorkommens.
Gelöste Cyanotoxine verteilen sich in der Regel in der Wassersäule, werden dadurch verdünnt und meist mit Halbwertszeiten von 1-5 Tagen abgebaut. Eine Ausnahme stellt hier jedoch das Cylindrospermopsin dar, für das zwar ein biologischer Abbau nachgewiesen wurde, welches jedoch in manchen Gewässern nicht oder wenig abgebaut wird und dadurch noch im Winter in Konzentrationen > 1 µg/l nachgewiesen wurde, wenn bereits seit etlichen Wochen keine produzierenden Cyanobakterien mehr vorhanden war (siehe Vorkommen/Cylindrospermopsin). Hier stellt die Überwachung des Cyanobakterienbiovolumens alleine ggf. keine hinreichende Maßnahme zum Schutz vor Cylindrospermopsin dar. Dieser Fall verdeutlicht die Notwendigkeit der Kenntnis der Cyanobakterienzusammensetzung und der möglichen Toxinproduzenten im jeweiligen Gewässer: wenn _Aphanizomenon_-Arten (die zu den in Deutschland relevante Cylindrospermopsinproduzenten zählen) Biomassen > 1 mm³/L bilden, sollte das Wasser auf Cylindrospermopsin untersucht werden und im Falle positiver Befunde die Verlässlichkeit der jeweils vorhandenen Aufbereitung bei der Eliminierung dieses Cyanotoxins geprüft werden.