Hintergrundinformation
Trinkwasseraufbereitung
Für eine sichere Beherrschung von Cyanotoxinen in der Trinkwasseraufbereitung ist die Kenntnis über die vorhandenen Cyanotoxine von ausschlaggebender Bedeutung. Cyanotoxine, die überwiegend zellgebunden sind wie Microcystine werden bereits effektiv mit Verfahren eliminiert, die Zellen entfernen, z.B. die Flockung und Filtration oder Membranfiltration. Die Entfernung von teilweise oder überwiegend gelöst vorkommenden Cyanotoxinen wie Cylindrospermopsin, Anatoxin-a, PSPs, aber unter manchen Bedingungen auch Microcystine, erfordert dagegen Verfahren, die diese Cyanotoxine chemisch oder biologisch entfernen können, z.B. Oxidation, Aktivkohle, oder Langsamsandfiltration.
Auch naturnahe Verfahren zur Trinkwassergewinnung wie die Uferfiltration und künstliche Grundwasseranreicherung können bei geeignetem Untergrund und ausreichender Verweilzeit Cyanotoxine zuverlässig eliminieren – siehe Trinkwasserentnahme.
Im Folgenden ist die Eignung einzelner Verfahren zur Eliminierung von Cyanotoxinen kurz zusammengefasst, detailliertere Informationen finden Sie unter Literatur.
Voroxidation
Eine Voroxidation dient häufig der besseren Flockung von Algen- und/oder Cyanobakterienzellen und trägt somit dazu bei, dass zellgebundene Cyanotoxine effektiv eliminiert werden. Durch die chemische Oxidation können jedoch die Zellen geschädigt und Cyanotoxine freigesetzt werden. Daher sollten die Mengen an Oxidantien ausreichend sein um ggf. freigesetztes Cyanotoxin zu oxidieren, wenn dieses sensitiv gegenüber dem jeweiligen Oxidans ist.
Chlor, Ozon und in gewissem Ausmaß auch Kaliumpermanganat sind gut geeignet, um Microcystine und Cylindrospermopsin zu oxidieren. Für die Oxidation von Anatoxin-a eignet sich besonders Ozon, aber auch Kaliumpermanganat, nicht jedoch Chlor. PSPs sind nur in geringem Umfang empfindlich gegenüber Chlor und Ozon, hier reicht die Oxidation zur Eliminierung von gelösten PSPs alleine nicht aus. Chlordioxid und Chloramin sind für die Oxidation von Cyanotoxinen nicht geeignet.
Flockung und Filtration
Eine optimierte Flockung und Filtration stellt eine erste wirksame Barriere für die Eliminierung von zellgebundenen Toxinen in der Aufbereitung dar. Jedoch gibt es Hinweise, dass bei der Flockung und auf den Filtern die Zellen geschädigt und Toxine freigesetzt werden können. Bei Cyanobakterien-Massenentwicklungen im Rohwasser kann deshalb eine angemessen häufige Filterrückspülung besonders wichtig werden. Gelöste Toxine aus dem Rohwasser werden durch Flockung mit anschließender Filtration nicht entfernt.
Aufgrund der unterschiedlichen Sensitivität verschiedener Cyanobakterien gilt es, Flockung und Filtration für das jeweilige Rohwasser bzw. für die jeweiligen Cyanobakterien zu optimieren. Auch erfordern bestimmte Cyanobakterien, wie z.B. der eigenbeweglichen Microcystin-produzierenden Planktothrix rubescens, spezifische Parameter zur Flockung, die am besten im Labormaßstab ermittelt werden.
In aller Regel findet in Deutschland bei der Nutzung von Oberflächengewässern als Trinkwasserressource eine Flockung und anschließende Filtration statt. Andere Verfahren der Partikelelimination können jedoch dieselbe Funktion übernehmen – z.B. Membranfiltration oder die in manchen (eher warmen) Ländern praktizierte Flotation.
Langsamsandfiltration
Auch die Langsamsandfiltration hält einen Großteil an Zellen zurück und ist somit für die Eliminierung überwiegend zellgebundener Toxine wie Microcystine gut geeignet, es werden jedoch auch gelöst vorkommende Toxine teilweise biologisch abgebaut.
Um die Leistungsfähigkeit von Langsamsandfiltern zu gewährleisten ist folgendes zu beachten: Sehr große Mengen an Biomasse sollten vorab entfernt werden. Wenn dies nicht möglich ist, muss vor allem während Massenentwicklungen von Cyanobakterien auf häufiges Entfernen der „Schmutzdecke“ geachtet werden, um eine Anhäufung von möglicherweise lysierenden und somit Toxin-freisetzenden Zellen auf den Filtern zu verhindern. Für die Eliminierung von gelösten Toxinen ist darauf zu achten, dass nach dem Austausch von Filterschichten die volle Leistungsfähigkeit erst nach 1-2 Wochen wieder erreicht ist, wenn die für den biologischen Abbau benötigte Wiederbesiedlung des Filters erfolgt ist. Auch hängt die Schnelligkeit der (Wieder-)Besiedlung mit dem Vorkommen von Cyanotoxinen im Rohwasser zusammen: bei Rohwässern mit häufigem Cyanotoxinvorkommen entwickeln sich in der Regel schneller Toxin-abbauende Bakterienpopulationen auf dem Filter als dies bei Abwesenheit von Cyanotoxinen der Fall ist. Bei sporadischem und/oder plötzlichem Auftreten von Cyanobakterientoxinen im Rohwasser sollten deshalb weitere Verfahren zur Eliminierung von gelösten Toxinen angewendet werden.
Membranfiltration
Aufgrund der Größe der Cyanobakterien von > 1 µm sind sowohl die Mikrofiltration als auch die Ultrafiltration zur Eliminierung von zellgebundenen Cyanotoxinen geeignet. Jedoch können auch bei diesen Verfahren Zellen durch hohe Flüsse, Druck oder Scherkräfte geschädigt werden und Toxine freisetzten. Die eingesetzte Technik sollte daher für die jeweiligen Bedingungen optimiert werden und z.B. vor allem in Zeiten von Massenentwicklungen auf häufiges Rückspülen geachtet werden.
Nanofiltration und Umkehrosmose eignen sich für die Eliminierung von gelösten Cyanotoxinen. Neben der Porengröße hat auch die Wasserqualität einen Einfluss auf die Eliminationsleistung.
Nachoxidation
Eine Nachoxidation kann gelöste Cyanotoxine ggf. eliminieren. Die meisten in der Trinkwasseraufbereitung verwendeten Oxidantien reagieren – abhängig vom jeweiligen Oxidans und der Dosis – mit Cyanotoxinen.
Chlor, Ozon und in gewissem Ausmaß auch Kaliumpermanganat sind gut geeignet, um Microcystine und Cylindrospermopsin aus dem Wasser zu entfernen. Für die Oxidation von Anatoxin-a eignet sich besonders Ozon, aber auch Kaliumpermanganat, nicht jedoch Chlor. PSPs sind nur in geringem Umfang empfindlich gegenüber Chlor und Ozon, hier reicht die Oxidation zur Eliminierung von gelösten PSPs alleine nicht aus. Chlordioxid und Chloramin sind für die Oxidation von Cyanotoxinen nicht geeignet.
Wichtig ist, dass die Kontaktzeiten und Konzentrationen für die Oxidation der Toxine ausreichen, was bei Ozon in der Regel der Fall sein dürfte. Jedoch ist die Chlorung in Deutschland in der Regel eher nicht dafür ausgelegt, denn selbst ein Gehalt an freiem Chlor von 0,5 mg/L nach 30 Minuten Einwirkzeit reicht nicht in jedem Falle aus, um alle Microcystine zu oxidieren. Insbesondere ist Chlor in Deutschland nur zum Zweck der Desinfektion gelistet, nicht zum Zweck der Oxidation. Auch hängt die Wirksamkeit der Oxidationsmittel von den Wassereigenschaften ab, insb. vom pH-Wert.
Aktivkohle
Aktivkohle adsorbiert die meisten Cyanotoxine sehr wirksam und kann einen erheblicher Teil der gelösten Cyanotoxine entfernen.
Bei Aktivkohlefiltern wird ein Teil der Wirkung auch dem biologischen Abbau durch Biofilme auf dem Filtermaterial zugeschrieben. Die Wirkung kann mit zunehmender Laufzeit eines Filters abnehmen und hängt von der Art der Akivkohle, der Betriebsweise der Filter und den jeweiligen Cyanotoxinen ab. Auch bei Pulverkohle hängt die Wirkung von der Art der Pulverkohle, den Anwendungsbedingungen und den jeweiligen Cyanotoxinen ab.